Insulin

Eva Marbach
Projekt
  

Teufelszeug oder lebenswichtig?

Wenn man der aktuellen Berichterstattung über gesunde Ernährung und Übergewicht folgt, könnte man zu dem Schluss gelangen, dass Insulin das reinste Teufelswerk ist.

Denn Insulin scheint der ultimative Bösewicht zu sein, der uns alle dick macht, sobald wir die falschen Kohlenhydrate essen.

Merkwürdigerweise spritzen viele Diabetes-Kranke sich diesen Bösewicht auch noch mehrmals am Tag. Ob dies wohl der Grund dafür ist, dass Diabetiker gesundheitliche Probleme haben?

Mitnichten.

Denn Insulin ist eigentlich ein lebenswichtiges Hormon, das den Blutzuckerspiegel reguliert, die Körperzellen ernährt und dem Gehirn Sättigung meldet.

Was ist Insulin?

Doch was ist dieses Insulin überhaupt?

Insulin ist ein Hormon, das von bestimmten Zellgruppen der Bauchspeicheldrüse, den sogenannten Inselzellen, hergestellt wird.

Diese Inselzellen messen den Blutzuckerspiegel im vorbeiströmenden Blut und produzieren entsprechend des aktuellen Bedarfs Insulin oder seinen Gegenspieler Glukagon. Insulin wird von den B-Zellen und Glukagon von den A-Zellen der Inselzellen hergestellt.

Eine gewisse Menge Insulin wird auch in den Inselzellen gespeichert, damit es immer sofort verfügbar ist, wenn es gebraucht wird.

Übrigens ist die Namensähnlichkeit von Inselzellen und Insulin kein Zufall. Die Inselzellen erhielten ihren Namen, weil sie wie kleine Inseln auf der Aussenwand der Bauchspeicheldrüse sitzen. Das Insulin erhielt seinen Namen, weil es von diesen Inselzellen hergestellt wird.

Aufgaben des Insulins

Das Insulin hat eine Menge Aufgaben, die aber alle dem gleichen Ziel dienen:
  • Regulierung des Zuckers in Blut und Körperzellen
Diese Aufgabe gliedert sich auf in mehrere Unteraufgaben, die das Insulin zu erledigen hat:
  • Senkung des Blutzuckerspiegels
  • Förderung der Zuckeraufnahme durch die Muskelzellen und andere Körperzellen
  • Förderung des Wachstums in Kindheit und Jugend
  • Öffnung der Körperzellen für Aminosäuren
  • Öffnung der Körperzellen für Mineralstoffe
  • Senden von Sättigungssignalen an das Gehirn (Hypothalamus)
  • Förderung der Umwandlung von Zucker in den Speicherstoff Glykogen in der Leber und Muskeln
  • Umwandlung von Zuckerüberschüssen in Körperfett und Speicherung in Fettzellen.
Unter den körpereigenen Hormonen ist das Insulin das einzige, das den Gehalt des Zuckers im Blut, den sogenannten "Blutzuckerspiegel" senken kann.

Von Glukose ist die Rede

Mit Zucker ist hier die Glukose gemeint, die das kleinste Zuckermolekül ist. Zu Glukose werden alle Kohlenhydrate abgebaut, die man zu sich nimmt. Diese Verwandlung von Kohlenhydraten zu Glukose findet bei der Verdauung statt. Als kleines Glukose-Molekül wird der Zucker dann durch die Darmzotten ins Blut übernommen und tritt seine Reise durch den Körper an.

Warum Zucker im Blut?

Zucker fliesst nur deshalb im Blut, weil das Blut das Transportmittel für Nährstoffe ist (vereinfacht ausgedrückt).

Dank des fliessenden Blutes gelangt der nahrhafte Zucker zu allen Bereichen des Körpers.

Und dort in den Körperzellen wird der Zucker als Nährstoff gebraucht.

Es ist also weniger das Blut, das mit Zucker versorgt werden will, als der ganze Rest des Körpers und das Blut dient als Transportmittel für den Zucker.

Zuviel dieses Zuckers im Blut tut dem Körper gar nicht gut, denn dann werden unter anderem die Blutgefässe geschädigt, was eine Menge unangenehmer Folgen nach sich zieht. Wenn die Senkung des Blutzuckerspiegels nicht mehr richtig funktioniert, dann nennt man das Diabetes mellitus, die Zuckerkrankheit.

Die Blutzucker senkende Wirkung des Insulins ist also sehr nützlich für den Körper.

Zucker als Nährstoff für die Zellen

Wir brauchen Zucker für unsere Bewegungen, auch die unbewussten wie Herzschlag und Atmung.

Wir brauchen Zucker auch zum Denken, denn das Gehirn verbraucht eine Menge Nährstoffe: pro Stunde verbraucht das Gehirn 6 gr Zucker, von insgesamt 10 gr Zucker, die der gesamte Körper in Ruhe braucht.

Auch zum Aufbau von Muskelzellen und zum Wachstum wird eine Menge Zucker gebraucht, als Baustein und als Energieträger für die Konstruktion von anderen Molekülen.

Insulin hilft dabei, dass die Zellen sich für Zucker und andere Nährstoffe öffnen.

Insulin meldet Sättigung ans Gehirn

Eine weitere Aufgabe des Insulins ist bei der Steuerung der Sättigung mitzuhelfen.

Wenn Insulin ausgeschüttet wird, gelangt es unter anderem ins Gehirn.

Dort reagiert der Hypothalamus auf das Vorhandensein von Insulin und meldet Sättigung an das Bewusstsein.

Das Hungerzentrum wird gedrosselt.

Das geschieht unter anderem dadurch, dass die Bildung des Hungerstoffes Neuropeptid Y gehemmt wird.

Insulin fördert also das Sättigungsgefühl und nicht das Hungergefühl, wie uns viele vermeintliche Ernährungsfachleute weismachen wollen.

Zucker-Überschüsse werden zu Glykogen

Überschüssige Zuckermengen müssen auch gut untergebracht werden, damit sie zwischen den Mahlzeiten als Reserve zur Verfügung stehen.

Der kurzfristige Zuckerspeicher befindet sich in der Leber und in den Muskeln, wo der Zucker in den Speicherstoff Glykogen umgewandelt wird. Dieses Glykogen wird dann in der Leber und in den Muskeln gespeichert.

Insulin hilft bei der Umwandlung von Zucker zu Glykogen.

In der Leber wird übrigens schon die Hälfte des Insulins verbraucht. Die andere Hälfte muss dann die Aufgaben im Rest des Körpers erledigen.

Noch mehr Zucker-Überschüsse werden zu Körperfett

Je nach aufgenommener Nahrungsmenge ist nach der Versorgung der Körperzellen mit Nährstoffen und der Auffüllung der Glykogenspeicher immer noch reichlich Zucker im Blut verfügbar.

Dann wird das zusätzliche Speichersystem aufgefüllt: die Fettspeicher.

Der Zucker wird in Fett umgewandelt und wandert mithilfe des Insulins in die Fettzellen.

Das ist für übergewichtige Zivilisationsmenschen das Problem bei Zucker und Insulin, denn der Dauerspeicher für Zuckerüberschüsse sind die unerwünschten Fettpolster.

Ein gewisses Mass an Fettpolstern ist ja sogar wichtig, um gesund zu sein, aber viele Menschen haben eben über dieses gesunde Mass an Fett noch zusätzliche Fettspeicher.

Dieser eine Aspekt des Insulins hat zu seiner Verteufelung geführt.

Dabei ist es ja nicht das böse Insulin, das uns dick macht, sondern ein Zuviel an Nahrung, das unsere Fett-Speicher immer grösser werden lässt.

Wenn wir unserem Körper soviel Nahrung geben würden, wie er verbraucht, hätte das Insulin für uns nur erwünschte Wirkungen.

Ende der Insulin-Wirkung

Nicht nur der Beginn der Insulinwirkung durch den Anstieg des Blutzuckers ist vom Körper genau geregelt, sondern auch das Ende der Insulintätigkeit.

Die sogenannte Halbwertzeit von Insulin liegt bei etwa 5 Minuten, das heisst, nach fünf Minuten ist bereits die Hälfte des Insulins abgebaut. Nach insgesamt zehn Minuten ist nur noch ein Viertel übrig und nach einer Viertelstunde ist nur noch ein Achtel des Insulins verfügbar.

Wenn der hohe Blutzuckerspiegel durch das Insulin abgearbeitet wurde, wird es ziemlich schnell immer weniger.

Das Insulin bleibt also nicht immerzu im Blutkreislauf vorhanden und es senkt auch nicht den Blutzuckerspiegel zu sehr ab. Beim gesunden Menschen wird der Blutzuckerspiegel gerade richtig abgesenkt.

Gegenspieler des Insulins

Für den Fall, dass der Körper spontan mehr Nährstoffe braucht, beispielsweise durch Sport, und der Blutzuckerspiegel dadurch zu sehr absinkt, gibt es mehrere Gegenspieler des Insulins, die gerade andersherum wirken.

Es handelt sich um:

  • Glukagon
  • Andrenalin
  • Cortison

Glukagon

Das Hormon Glukagon wird auch von den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse gebildet.

Es fördert die Rückumwandlung vom Speicherstoff Glykogen und Körperfett zu Zucker.

Dieser Zucker wird dann wieder an das Blut abgegeben und steht dann beispielsweise den Muskelzellen für die Bewegung zur Verfügung.

Weil Glukagon auch beim Abbau des Körperfettes mithilft, wird es manchmal auch als Schlankheitshormon bezeichnet.

Zuviel Glukagon ist jedoch auch nicht gut, denn im Übermass sorgt es für erhöhte Harnsäurewerte (Gichtgefahr) und für erhöhte Blutfettwerte.

Adrenalin

Das Hormon Adrenalin, das in der Nebenniere gebildet wird, ist den meisten als Stresshormon bekannt und das beschreibt auch schon recht gut die Hauptaufgabe des Adrenalins.

Es reguliert alle Körperfunktionen, die in Stresssituationen geregelt werden müssen, es sorgt also unter anderem für schnelleren Herzschlag, schnellere Atemfrequenz, höheren Blutdruck und bessere Durchblutung der Muskeln, damit man schnell wegrennen oder kämpfen kann.

Damit für diese schnellen Kampfreaktionen genug Nährstoffe zur Verfügung stehen, wird der Speicherstoff Glykogen in Zucker umgewandelt und der Blutzuckerspiegel erhöht.

Von diesem erhöhten Blutzucker können sich die Muskelzellen dann "bedienen", um in der Kampfsituation ausreichend mit Treibstoff versorgt zu sein.

Diese Funktionsweise des Adrenalins wird sogar von der Stressdiät genutzt, in der Hoffnung damit das Abnehmen zu fördern.

Das ist natürlich Unfug, denn die zur Verfügung gestellte Energie muss auch durch Bewegung genutzt werden, damit man abnimmt. Ausserdem schadet zuviel Stress der Gesundheit durch Bluthochdruck und Verdauungsschwäche. Man wird also nicht schlank sondern krank durch so eine Stressdiät.

Cortison

Auch das Hormon Cortison, auch Kortison genannt, wird von der Nebenniere gebildet.

Es wirkt deutlich langsamer als Adrenalin, wirkt aber in Hinblick auf den Zuckerstoffwechsel ähnlich wie das Adrenalin.

Ansonsten wirkt Cortison dem Stress eher entgegen und es bremst Entzündungen.

Es dient also sozusagen der Regeneration nach einem anstrengenden Kampf mit Verletzungsfolgen.

Zuviel Cortison oder dauerhaft von aussen zugeführtes Cortison hat jedoch erhebliche Nebenwirkungen wie Vollmondgesicht, Stammfettsucht und Abwehrschwäche.

Insulinresistenz

Insulinresistenz tritt beim metabolischen Syndrom und bei Altersdiabetes auf.

Bei Insulinresistenz reagieren die Zellen des Körpers nicht mehr ausreichend auf Insulin im Blut.

Das hat mehrere Folgen:

  • Der Blutzuckerspiegel wird weniger schnell gesenkt
  • Die Muskelzellen werden weniger gut mit Nährstoffen versorgt
  • Die Fettzellen nehmen weniger Nährstoffe zur Speicherung als Fett auf
  • Die Sättigungssignale wirken nicht mehr so effektiv
Der Körper braucht also mehr Insulin, um das gleiche zu bewirken, wie vorher mit weniger Insulin.

Fatal ist dies bei Übergewichtigen vor allem, weil auch die Sättigung nicht mehr richtig funktioniert. Man isst mehr als man eigentlich bräuchte.

Mit metabolischem Syndrom bezeichnet man die Kombination aus zuviel Bauchfett, Insulinresistenz, erhöhten Blutfettwerten und Bluthochdruck. Diese Kombination erhöht die Gefahr einen Herzinfarkt zu erleiden.

Diabetes 2, auch Altersdiabetes genannt, ist sozusagen die erweiterte Variante einer Insulinresistenz. Bei Altersdiabetes ist der Körper so unempfindlich auf Insulin geworden, dass selbst höchste Produktionsmengen der Inselzellen nicht mehr ausreichen, um den Blutzuckerspiegel ausreichend zu senken. Man spricht dann auch von einem relativen Insulinmangel.

Mehr Infos über Diabetes findet man bei unserem Partnerprojekt Diabetes.gesund.org.

Durch Abbau von Übergewicht, geringen Zuckerkonsum und mehr Bewegung kann die Insulinresistenz wieder mehr oder weniger rückgängig gemacht werden. In schwereren Fällen kann man auch spezielle Medikamente zu Hilfe nehmen.

Weitere Blutzucker senkende Faktoren

Insulin ist zwar das einzige körpereigene Hormon, das den Blutzuckerspiegel senkt, aber es gibt noch einige andere Faktoren, die den Blutzuckerspiegel senken können.
  • Bewegung
  • Zimt
  • Ginseng
  • Artischocke
  • Zwiebeln
  • Kopfsalat
  • Bohnen
  • Gurke
  • Brunnenkresse
  • Kanadisches Berufkraut
  • Traubensilberkerze
  • Chrom
  • Zink
  • ...

Ausser der Bewegung finden sich in der Liste lauter Kräuter, Gewürze, Nahrungsmittel und Spurenelemente.

Die Bewegung senkt den Blutzuckerspiegel, weil die Muskeln beim Bewegen Zucker als Treibstoff verbrauchen. Dieser Zucker wird bevorzugt aus dem Blut genommen, denn dort steht er unter anderem für die Bewegung zur Verfügung, als wäre das Blut ein leckeres Buffet zur Ernährung der Muskeln.

Aus diesem Grund ist Bewegung sowohl gegen Übergewicht als auch gegen Diabetes so wichtig.

Die Kräuter und Nahrungsmittel auf der Liste zeigen, dass es eine Menge Möglichkeiten gibt, direkt mit der Nahrung blutzuckersenkende Stoffe zu sich zu nehmen.

Dadurch wird die Bauchspeicheldrüse entlastet und muss weniger Insulin produzieren.

Zimt wird heutzutage auch gerne als pflanzliches Mittel zur unterstützenden Diabetesbehandlung eingenommen.

Man kann aber auch einfach bei der Nahrungszusammenstellung darauf achten, dass blutzuckersenkende Nahrungsmittel enthalten sind, beispielsweise Salat, Gurken, Zwiebeln oder Bohnen.

Obige Liste ist übrigens mitnichten vollständig. Es gibt sicherlich noch jede Menge andere Nahrungsmittel mit einer blutzuckersenkenden Wirkung.

Siehe auch: